S 04/06: Differentiell exprimierte Gene

Risikostratifizierung, Früherkennung und Monitoring infektiöser und nichtinfektiöser Endoprothesenlockerungen

Charité Universitätsmedizin Berlin, Institut für Pathologie

(abgeschlossen 06/2010)

Hüft- und Knieendoprothesen (künstliche Gelenke) sind die Therapie der Wahl bei fortgeschrittener Arthose und rheumatischen Gelenkerkrankungen. Weniger als 5% der operierten Patienten entwickeln im Laufe von 10 Jahren nach der Erst-Operation Beschwerden (so genannte Prothesenlockerung), die eine erneute Operation erforderlich machen. Diese können einerseits Folge einer Infektion mit Bakterien oder andererseits eines Abriebs feinster Prothesenpartikel sein, was von Pathologen mit Hilfe einer mikroskopischen Untersuchung unterschieden werden kann.
Das Ziel unseres Förderprojekts war es, neue Marker zu entwickeln, anhand derer das individuelle Risiko für eine Prothesenlockerung abgeschätzt werden könnte, oder die der Früherkennung einer sich androhenden Prothesenlockerung dienen könnten. Bei den gesuchten Markern könnte es sich z.B. um Blutwerte handeln, die mittels neuer Tests bestimmt werden könnten. Dies hätte den Vorteil, dass man evtl. auf Röntgenuntersuchungen verzichten könnte und schon frühzeitig wüsste, ob und ggf. welche Art von Prothesenlockerung zu erwarten ist.
Mit Hilfe so genannter DNA-Microarrays haben wir untersucht, welche Gene in den verschiedenen Typen der Prothesenlockerung besonders aktiv sind. Hierbei fiel unter anderem ein Gen Namens apoC1 auf, welches in der durch Prothesenabrieb ausgelösten Lockerung deutlich aktiviert ist. Dieses Gen ist bisher für seine Rolle im Fettstoffwechsel bekannt, wurde jedoch nicht mit entzündlichen Erkrankungen in Verbindung gebracht. Wir untersuchten daher 122 Gewebeproben von gelockerten Hüftprothesen mittels einer bestimmten Färbemethode (Immunhistologie) auf die Anwesenheit des von diesem Gen produzierten Proteins (Eiweißes). Tatsächlich wurde das entsprechende Protein in Gewebe aus der Umgebung gelockerter Prothesen verstärkt nachgewiesen.
Das Gen für ein anderes Protein Namens Chitinase-1 war ebenfalls in den Lockerungsfällen, die durch feinsten Abrieb von Prothesenmaterial ausgelöst worden waren, stark aktiviert. Eine laborchemische Analyse von Blutproben von Patienten mit nicht-infektiöser (38 Patienten) und infektiöser Prothesenlockerung (16 Patienten) sowie von 259 Kontrollpatienten zeigte, dass das im Blut messbare Protein in nicht-infektiösen Fällen signifikant höher ist als in den anderen Patientengruppen.
Die Forschungsergebnisse wurden in Form mehrerer Originalarbeiten in nationalen und internationalen Fachjournalen veröffentlicht und im Jahr 2010 mit dem Innovations-Förderpreis des Endoprothetik Forums Münster ausgezeichnet.



In der immunhistologischen Spezialfärbung der durch bakterielle Infektion hervorgerufenen Prothesenlockerung (Abbildung 1, 400fach vergrößert) zeigen sich zahlreiche rot angefärbte Zellen, bei denen es sich um Entzündungszellen (weiße Blutkörperchen) handelt. In einer anderen immunhistologischen Färbung (Abbildung 2, 200fach vergrößert) zeigen sich diejenigen Zellen, die das Protein apoC1 enthalten (braun angefärbt). Erstaunlicherweise handelt es sich dabei um Fresszellen, die feinste Abriebpartikel von Prothesenmaterial enthalten.



Dr. med. Lars Morawietz

Publikationen:

Lars Morawietz, Obbe Tiddens, Michael Mueller, Stephan Tohtz, Tserenchunt Gansukh,
Joerg H Schroeder, Carsten Perka & Veit Krenn (2009)

Twenty-three neutrophil granulocytes in 10 high-power fields
is the best histopathological threshold to differentiate
between aseptic and septic endoprosthesis loosening
Histopathology 2009, 54, 847–853. DOI: 10.1111/j.1365-2559.2009.03313.x
www.interscience.wiley.com

L. Morawietz , G. Fernahl und V. Krenn
Differenzialdiagnostik der Synovialitis
Der Pathologe Volume 29, Supplement 2 / November 2008>
www.springerlink.com

Morawietz L, Weimann A, Schroeder JH, Kuban RJ, Ungethuem U, Kaps C, Slevogt H, Gehrke T, Krukemeyer MG, Krenn V.
Gene expression in endoprosthesis loosening: chitinase activity for early diagnosis?
J Orthop Res. 2008 Mar;26(3):394-403>
www.ncbi.nim.nih.gov/pubmed

Lars Morawietz, Frank Schaeper, Joerg H. Schroeder, Tserenchunt Gansukh, Nachin Baasanjav, Manfred G. Krukemeyer, Thorsten Gehrke und Veit Krenn
Computer-assisted validation of the synovitis score
Virchows Archiv, Volume 452, Number 6 / Juni 2008 >
www.springerlink.com